2.4. Veränderungen um 1848
Schon vor den Revolutionen von 1848 bildeten sich die ersten betont christlichen Studentenverbindungen. Denn viele Studenten vermißten das christlich-religiöse Element und wollten es zum Bestandteil ihres traditionellen Gemeinschaftslebens machen. Sie waren auch die ersten, die das studentische Fechten zur Austragung von Ehrenhändeln für sich ablehnten. 1836 verzichtete die neu gegründete Uttenruthia (Erlangen) von Beginn an auf Duell und Mensur. Das war damals geradezu revolutionär.
Daraus entstanden zahlreiche Christliche Studentenverbindungen in wiederum ganz verschiedenen Formen auf sowohl evangelischer wie katholischer Seite. Die älteste katholische Studentenverbindung existiert seit 1844.
Zugleich bildete sich im Umfeld der politischen Emanzipation des Bürgertums die sogenannte „Progressbewegung“ an den Hochschulen, die die studentischen Traditionen abschaffen oder an die bürgerliche Kultur der Zeit anpassen wollte. Doch auch die neuen Progressverbindungen konnten die bereits etablierte studentische Kultur nicht ablösen. Aus ihnen bildeten sich teilweise heute noch existierende Turnerschaften, Sängerschaften und eine neue Art von Landsmannschaften.
1848 erzwang die erste demokratische Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche die Aufhebung der Karlsbader Beschlüsse. Die nun mögliche Liberalisierung der deutschen Gesellschaft markiert einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der Studentenverbindungen. Aus verbotenen „Untergrundorganisationen“ unbotsamer Jugendlicher wurden Zusammenschlüsse der akademischen Elite der Nation. Die Burschenschafterfarben Schwarz-Rot-Gold wurden sogar zu den Farben des Deutschen Bundes erklärt. Von nun an entfaltete sich die ganze Vielfalt der deutschen Studentenverbindungen.
Auch die „ehemaligen Mitglieder“ – heute Alte Herren genannt – bekannten sich nun zu ihrem früheren Studentenbund. Da viele von ihnen mittlerweile Spitzenpositionen der Gesellschaft eingenommen hatten, konnten sie ihren Einfluss etwa in der Nationalversammlung geltend machen. Dort waren viele alte Corpsstudenten und Burschenschafter vertreten. Die ersten Stiftungsfeste wurden mit den „Ehemaligen“ gefeiert. Um dabei zu sein, reisten berufstätige Akademiker mit der neuen Eisenbahn kurzfristig für wenige Tage in ihre alte Universitätsstadt. Die so mögliche engere Verbindung war die Basis für die späteren Altherrenvereine.